(KTBL). Der 26. Bundeswettbewerb „Landwirtschaftliches Bauen“ suchte unter dem Titel „Dem Klimawandel begegnen – Ställe mit ganzheitlichem Energiekonzept“ wieder innovative Betriebe, die Umweltschutz, Tierwohl und Wirtschaftlichkeit unter einen Nenner bringen. Bundesminister Özdemir zeichnete die Preisträger am 3. Dezember in Berlin aus.
Durch die Klimaziele der Bundesregierung müssen auch Landwirte proaktiv handeln und sich in den Bereichen der Energieeigenversorgung und der Bereitstellung von Energie fit für die Zukunft machen. Wenn die Bereitstellung von Strom, Wärme und Kraftstoffen vollständig auf erneuerbare Quellen umgestellt werden soll, kann die Landwirtschaft einen entscheidenden Beitrag leisten.
Auch das landwirtschaftliche Bauen spielt eine große Rolle: So muss es das Ziel sein, resiliente und langlebige Baukörper zu errichten sowie nachhaltige Baumaterialien zu verwenden, die im Falle eines Rückbaus oder eines Abrisses keine negativen Umweltwirkungen entwickeln. Es zeichnet sich zudem ab, dass der Hitzeschutz wegen des Klimawandels eine immer größere Rolle spielen wird.
"Die Preisträger zeigen eindrucksvoll, wie die Tierhaltung gleichzeitig klimafreundlich sein kann und den Landwirtinnen und Landwirten ein gutes Einkommen sichert. Wir brauchen die Innovationskraft und das Engagement unserer Betriebe für den Klimaschutz. Es sind genau diese Leuchtturm-Höfe, die zeigen, wie unsere Landwirtschaft ihren Teil im Kampf gegen die Klimakrise leisten kann. Und sie ermutigen so ihre Berufskolleginnen und -kollegen, ihr individuelles Konzept zu erarbeiten, um sich fit für die Zukunft zu machen. Ich danke Ihnen herzlich dafür, dass Sie sich auf diesen Weg gemacht haben." So der Bundeslandwirtschaftsminister in seiner Laudatio am 3. Dezember in Berlin.
Im Rahmen des Bundeswettbewerbes „Landwirtschaftliches Bauen 2023/24: Dem Klimawandel begegnen – Ställe mit ganzheitlichem Energiekonzept“ wurden Stallgebäude ausgezeichnet, die durch bauliche und technische Maßnahmen gegen Extremwetterlagen gewappnet sind und über clevere Energiekonzepte verfügen.
Der aktuelle Bundeswettbewerb fokussierte sich auf Betriebe, die zum einen zeigen konnten, wie man Energie einspart, aber auch vernünftig einsetzt sowie diese nachhaltig/regenerativ erzeugt. Zum anderen spielte für die Jury auch das innovative Betriebs- und Stallbaukonzept sowie die damit erzielte Tiergerechtheit eine entscheidende Rolle bei der Auswahl der Preisträger.
Insgesamt zeigen die Preisträgerinnen und Preisträger anschaulich, wie sich Umweltschutz, Tierwohl und Wirtschaftlichkeit auf einen Nenner bringen lassen. Durch ihre Lösungen mindern sie den Einfluss ihres Betriebes auf den Klimawandel. Zeitgleich zeigen sie auch, wie man sich von den Folgen des Klimawandels etwas unabhängiger machen kann. Die Jury meint: „unbedingt nachahmenswert“.
Im Folgenden werden die vier Preisträger kurz vorgestellt. Ausführliche Informationen bietet die KTBL-Begleitschrift zum Wettbewerb „Dem Klimawandel begegnen – Ställe mit ganzheitlichem Energiekonzept“, welche über den KTBL Online-Shop mit der Bestellnummer 11538 zu beziehen ist. Zudem finden sich die Kurzbeiträge über die Preisträger auf unserem KTBL-YouTube Kanal.
Prämierte Betriebe:
1. Huabahof, Familie Demmel, Schönrain, Bayern
Auf dem Huabahof im bayerischen Schönrain hat der Landwirt Franz Xaver Demmel senior, welcher zusätzlich Diplomingenieur für Bauingenieurwesen und Technischen Umweltschutz sowie Energieberater und Nachhaltigkeitsauditor ist, ein Energiemanagementsystem der besonderen Art geschaffen. Gemeinsam mit der Hochschule Weihenstephan und der Technischen Universität München entstand aus der Überzeugung, dass Milch- und Energieversorgung symbiotische Betriebszweige sind, ein Energiemanagementsystem, das Demmel seinen Betrieb nahezu energieautark steuern lässt. Auf den Dachflächen des Hofes wird Solarstrom erzeugt und davon möglichst viel im eigenen Betrieb genutzt.
Der Erzeugung von 400.000 kWh steht ein Verbrauch von 100.000 kWh gegenüber. Die überschüssigen 300.000 kWh werden ins öffentliche Netz eingespeist. Für Franz Demmel sind seine bidirektionalen Speicher ein Hauptaspekt dieses Konzeptes. Das Handy in der Hand jongliert Demmel Energiespitzen, -erträge und -verbräuche und macht seinen Betrieb so nahezu autark von fossilen Energieträgern. Und Franz Demmel plant weiter: er denkt an eine intelligente Einspeisung zur Netzstabilisierung und die entsprechende Regionalvermarktung.
2. Ziegenhof Holzer, Familie Holzer, Hochdorf, Baden-Württemberg
Was 2010 mit 13 Milchziegen in einem gepachteten Kuhstall begann, hat mittlerweile stattliche Ausmaße angenommen. Die studierte Agrarwissenschaftlerin Andrea Holzer und ihr Mann Tim, gelernter Landwirt, haben 2019 das Projekt „Ziegenbetrieb auf der grünen Wiese“ gestartet. Zwischen der Erschließung der neuen Hofstelle bis zur Fertigstellung von Stall, Hofladen und Käserei vergingen 3 Jahre. Seitdem wird im
baden-württembergischen Hochdorf ein ökologischer Ziegenbetrieb betrieben, der seinesgleichen sucht. Eine konsequente Verwendung von Holz als klimaschonendes Bau- und Heizmaterial, die gewollt extensive Wirtschaftsweise mit Monotraite (nur einmal tägliches Melken) sowie die Heutrocknung durch Unterdachabsaugung, welche auch an schlechten Tagen eine gleichbleibende Grundfutterqualität garantiert, machen das Konzept rund und den Betrieb vorbildlich.
Der Betrieb zeigt, wie auf den ersten Blick sehr extensive Ansätze doch sehr effizient zum Betriebseinkommen beitragen können. Holzers veranschaulichen, dass der Weg der Energieeinsparung ebenfalls Option sein kann, den zukünftigen Herausforderungen zu begegnen.
3. Hof Friedrichs, Familie Friedrichs, Hilgermissen, Niedersachsen
Eine Besonderheit auf dem Betrieb der Familie Friedrichs ist die Klimatisierung des 2005 gebauten und 2015 erweiterten Schweinemaststalls. Vor bereits 20 Jahren hat Tim Friedrichs echten Pioniergeist bewiesen: Das Stallgebäude ist mit einer Geothermielösung ausgestattet. Friedrichs Tiere profitieren somit von kühler Zuluft im Sommer und angewärmter Zuluft im Winter. Stall und Erdwärmetauscher – insgesamt 2,7 km Rohre – hat Friedrichs größtenteils in Eigenleistung konzipiert und errichtet. Die homogene Zuluftführung, die durch einen Erdwärmetauscher erzielt wird, ist zum einen dem Tierwohl zuträglich, zum anderen können Wetterereignisse gut ausgeglichen werden. Das lokale Grundwasser hat über das ganze Jahr hinweg eine Temperatur zwischen 8 und 10 Grad und die heimischen Tonböden eine gute Leitfähigkeit.
Daher kann Friedrichs mit einer stabilen Zulufttemperatur rechnen und so gelingt es ihm, eine Temperaturdifferenz von 15 K (Außen- vs. Innentemperatur) zu erreichen. Das spart fossile Energieträger und ist auch wirtschaftlich interessant. Zugeheizt wird bei Bedarf mit einer Gastherme.
Durch das passive Kühlen und Heizen der Zuluft, benötigt Friedrichs nur ca. 60 % der üblichen Luftrate vergleichbarer Ställe, was natürlich dem Klimaschutz zugutekommt.
Die zudem 2023 installierte 29,6-kWp-Photovoltaikanlage für den Eigenverbrauch ermöglicht es, den Anteil des zugekauften Stroms noch weiter zu reduzieren. Der Erdwärmetauscher lässt sich sehr gut in einen Neubau integrieren. Aber auch bei Altbauten kann der Erdwärmetauscher durch den Einbau einer Klimakammer mit angrenzender Freifläche für das Auslegen der Tauscherrohre – nachgerüstet werden. Die Jury ist sich einig: So müssen Schweine in der Haltungsstufe 2 aussehen, wenn diese längerfristig gesellschaftlich akzeptabel sein soll.
4. Agrarprodukte Kitzen e.G., Pegau, Sachsen
Die Agrarprodukte Kitzen e. G. ist eine historisch gewachsene Agrargenossenschaft mit drei Gesellschaftern und 120 Mitgliedern. Eigentlich ein Familiengroßbetrieb, da sich die Familien der Gesellschafter und Vorstände allesamt gemeinsam auf dem Betrieb engagieren. Der Betrieb ist an mehreren Betriebsstandorten mit verschiedenen Betriebszweigen tätig. Hauptproduktionsrichtungen sind die Pflanzenproduktion und die Tierhaltung. Produktionsgrundlage ist eine rund 2.800 ha große landwirtschaftliche Nutzfläche. Entwickelt aus einer ehemaligen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft ist die Agrarprodukte Kitzen e.G. heute ein modernes Unternehmen, das auf einem geschlossenen Wirtschaftskreislauf basiert und komplett autark vom öffentlichen Stromnetz ist.
Eine mit Flüssigmist betriebene Biogasanlage, 2 Blockheizkraftwerken, Solarmodulen auf nahezu allen Dächern mit einer Gesamtleistung von 9 000 kWp; alle elektrischen Verbraucher sind optimal aufeinander abgestimmt. Die Autarkie des Betriebes wird zusätzlich über einen Batteriespeicher erhöht. Die auf dem Betrieb anfallender Flüssigmist wird in Energie verwandelt und gleichzeitig zur Düngung der Felder eingesetzt. Eine vollkommene Kreislaufwirtschaft.