Unzählige tote Kühe unbekannter Genese und Nachweis von Clostridium botulinum-Toxinen; schleichendes Sterben von Milchviehbetrieben mit Schwerpunkt in Schleswig-Holstein, chronischer Botulismus, nachweislich erkrankte Menschen (und auch Tierärzte) an chronischem Botulismus, einer ganz neuen Erkrankungsform beim Menschen, und sehr viele -zu viele- offene Fragen… .
Bei der zweitägigen Botulinumtagung der Agrar- und Veterinär- Akademie (AVA) im münsterländischen Horstmar-Leer, gab es zum Thema "Botulinumtoxikosen bei Mensch und Tier" viele unterschiedliche Beiträge und Ansichten zu dieser doch sehr ernst zu nehmenden Problematik von gehäuften Todesfällen in Milchviehbeständen, wie der Leiter und Gründer der Agrar- und Veterinär- Akademie (AVA), Fachtierarzt und Diplomagraringenieur Ernst-Günther Hellwig, in seiner Einführung erläuterte. Eine Reihe von Wissenschaftlern lehnen dieses Krankheitsbild per se ab und verneint die Ursächlichkeit dieser Faktorenerkrankung chronischer Botulismus. Landwirte, die u.a. Hunderte von Kühen mit dieser Problematik verloren haben, verstehen diese "Ignoranz" nicht und "rufen um Hilfe", damit ihnen und ihren Betrieben geholfen wird - aber, "was es nicht gibt, kann nicht sein…".
Tierärzte, Landwirte, Mikrobiologen waren sich auf der AVA-Tagung weitgehend einig, dass ein neues Bild des chronischen Botulismus als Faktorenerkrankung existent ist. Es wurde über die Erfahrungen des Umganges mit der Erkrankung und die guten Erfolge mittels einer spezifischen Botulinum-Impfung berichtet. Natürlich stellten auch Wissenschaftler die Erkrankung in Frage: Managementfehler, Fütterungsfehler und Hygienefehler…., seien u.a. für die hohen Erkrankungsraten mit vielen Ausfällen verantwortlich. Äußerst bedrückt waren die über 170 Teilnehmer aus Deutschland und dem benachbarten Ausland bei den Aussagen des Medizinprofessors Dr. Dirk Dressler, Neurologe der MH Hannover: Chronischer Botulismus wurde bei Menschen in infizierten Milchviehbetrieben diagnostiziert, die "nahe den Kühen" waren. Mittlerweile leiden auch einige Tierärzte an Erscheinungen des chronischen Botulismus. Es sind also Menschen und Tiere gleichermaßen betroffen, was deutlich von Referenten (Tierärzte und Mediziner) bestätigt wurde. Warum die "Kritiker der Erkrankung" immer noch von "Quatsch" und "Verunsicherung der Landwirte" sprechen, wurde von einer Reihe von persönlich betroffenen Landwirten schon als "sehr dreist" bezeichnet.
In Arbeitsgruppen wurden am zweiten AVA-Fortbildungstag wichtige Synthesen erarbeitet: Es wird eine einheitliche Analytik gefordert (standardisierte Nachweismethode); keine Risikomaterialien in Biogasanlagen (Schlachtabfälle, Speisereste, Schlachtabfälle) ohne entsprechende thermische Behandlung, die bereits, je nach Material, gesetzlich vorgeschrieben ist; vereinfachter Impfstoffeinsatz (Diagnosis ex juvantibus); Erforschung der Entstehung und Intoxikationswege; Input - und Output-Untersuchungen von Sporen von Clostridium botulinum;… .
Landwirte, die Biogasrestgärmasse auf ihre Äcker und Wiesen ausbringen möchten, sollten sich schriftlich bestätigen lassen, dass eventuelle Risikomaterialien (insbesondere Schlachtabfälle, Hühnerkot, Speiseabfälle etc) ordnungsgemäß vor dem Eintrag als Substrat in die Biogasanlage, nach gesetzlichen Vorschriften, hitzebehandelt wurden. Nach Aussagen von Mikrobiologen kann ansonsten ein Risiko mit allen gesundheitlichen Konsequenzen bestehen.
Eingehende Forschungen zur Abklärung der Problematik sind von großer Wichtigkeit. Es gibt noch zu viele offene Fragen.
Die 2-tägige AVA-Fachtagung war die erste Veranstaltung dieser Art, wo die unterschiedlichen Sichtweisen zur Problematik "chronischer Botulismus" bei Mensch und Tier intensiv miteinander ("Befürworter" und "Gegner") diskutiert wurden. Hoffentlich nützt dies der Sache, damit nicht noch mehr Tiere sterben müssen und Menschen daran erkranken!
Nähere Infos und weitere Ausführungen zur AVA-Botulinum-Tagung Anfang Oktober 2010 (Synthese der Veranstaltung) finden Sie auf der Webseite der Agrar- und Veterinär- Akademie (AVA) unter http://www.ava1.de
bez. in dieser pdf-Datei:
http://ava1.de/botulinum/AVA_botulinumtagung_synthese.pdf