KTBL-Fachgespräch zur Internationale Grüne Woche (IGW)
(KTBL). Das Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V. (KTBL) nutzte die Internationale Grüne Woche (IGW) in Berlin für ein Expertengespräch zum Thema „Klimaschutz in der Tierhaltung“. Damit setzte das KTBL die Tradition fort, seinen Messeauftritt mit einem Fachgespräch zu aktuellen Fragen der Landwirtschaft zu begleiten.
„Mit dem Fachgespräch zum ‚Klimaschutz in der Tierhaltung‘ bietet das KTBL erneut eine Plattform zum Austausch und zur aktiven Diskussion zwischen den Teilnehmern. Ziel ist es, die Thematik zu versachlichen und Handlungsoptionen transparent zu machen“ leitete Professor Dr. Thomas Jungbluth, Präsident des KTBL, die Veranstaltung ein. Es konnten hochkarätige Experten für das Podium gewonnen werden:
- Reinhild Benning, Leiterin Agrarpolitik, BUND, Berlin
- Professor Dr. Alois Heißenhuber, Lehrstuhl für Wirtschaftslehre des Landbaus, Technische Universität München, München
- Bernhard Krüsken, Deutscher Verband Tiernahrung e.V., Bonn
- Dr. Artur Runge-Metzger, Direktor für Klimastrategie und Internationales bei der Europäischen Kommission, Brüssel
- Professor Dr. Gerold Rahmann, Thünen-Institut für Ökologischen Landbau, Trenthorst
- Ulrich Westrup, Milchviehhalter, Westrup-Koch GbR, Bissendorf
Die Moderation des Gesprächs übernahm Professor Dr. Heinz Flessa vom Thünen-Institut für Agrarklimaschutz in Braunschweig und Vorsitzender der KTBL-Arbeitsgemeinschaft Klimaschutz.
50 Teilnehmer aus Praxis, Politik und Wissenschaft folgten der Einladung nach Berlin. Damit unterstrichen sie auch die Relevanz des Themas, denn ungefähr 14 % der deutschen Treibhausgasemissionen stammen aus der Landwirtschaft (Anm. d. Red.: gerne werden hier von einschlägigen Institutionen auch deutlich höhere Werte genannt). Als besonders klimaschädlich wird die Rinderhaltung wahrgenommen. Sie ist für einen Großteil der Methanemissionen aus der Landwirtschaft verantwortlich. Andererseits ist die Landwirtschaft wie keine andere Branche vom Klimawandel betroffen. Die Reduzierung von Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft ist somit nicht nur ein zentrales Ziel nationaler und internationaler Klimaschutzpolitik, sondern auch im Interesse der Landwirte.
Eine der zentralen Fragen beim Fachgespräch war somit, welche Minderungsmaßnahmen zur Reduzierung von Treibhausgasen besonders vorteilhaft für die Klimabilanz sind. Schon im Eingangsstatement machte Dr. Artur Runge-Metzger, Chefunterhändler der EU für Klimafragen, deutlich, dass keine universellen, sondern „regional angepasste Konzepte entwickelt werden müssen“. In der Diskussion kristallisierte sich schnell heraus, dass ein entscheidender Hebel für den Klimaschutz die Effizienz in der Tierhaltung ist. Meinungsunterschiede bestanden bei den dafür heranzuziehenden Bewertungsgrundlagen. Professor Dr. Gerold Rahmann sprach sich für eine Berechnung auf Basis der gesamten Lebenszeit eines Tieres aus, wobei auch die unproduktive Aufzuchtphase berücksichtigt wird.
Allgemein üblich ist die Bewertung der Jahresmilchleistung einer Kuh. Unabhängig von diesem Bewertungsrahmen, so Rahmann weiter, wird deutlich, dass es weniger um die Unterscheidung in konventionelle und ökologische Landwirtschaft gehe. Studien belegen, dass es sehr effiziente ökologische und konventionelle Betriebe gibt. Von diesen „Besten“ gilt es zu lernen und Maßnahmen zu übernehmen.
Die Komplexität des Systems „Landwirtschaft“ wird auch bei der Einbeziehung von Koppelprodukten in die Bewertung deutlich. Ulrich Westrup, selbst aktiver Landwirt, betonte, „dass eine Steigerung der Produktivität pro Kuh die Effizienz der Produktion erhöht, da die höhere Milchleistung durch eine bessere Futterverwertung realisiert wird. Mehr Leistung senkt sowohl die Methanemission als auch die N-Ausscheidung der Kühe pro Liter Milch und ist somit effektiver Klimaschutz“. Da in diesem Fall die gleiche Menge Milch mit weniger Tieren erzeugt wird, sinkt auch die Zahl der produzierten Kälber für die Fleischerzeugung. Professor Dr. Alois Heißenhuber nutzte dieses Beispiel, um auf Nebeneffekte hinzuweisen: „Bleibt der Fleischkonsum unverändert, müssten zusätzliche Kälber durch Mutterkuhhaltung erzeugt werden. Dies führt zu zusätzlichen Emissionen. Aber auch die höhere Leistung der Milchrinder verlangt zusätzliches Kraftfutter und der Anteil an Grünlandflächen in der Fütterung sinkt.“ Somit sei es wichtig, so Heißenhuber weiter, solche Nebeneffekte frühzeitig zu erkennen. Um effektive Klimaschutzpolitik betreiben zu können, sei es wichtig, so Bernhard Krüsken vom Verband für Tiernahrung, dass messbare und eindeutig definierte Kriterien existieren. Von zentraler Bedeutung ist für ihn, aus knappen Ressourcen, zu denen landwirtschaftliche Fläche, aber auch Stickstoff und Energie zu zählen sind, eine möglichst hohe Produktivität zu erzielen. Einigkeit besteht darin, dass bei der Definition von Kriterien auf deren Kontrollierbarkeit geachtet werden sollte.
Kritisch bewertet Reinhild Benning existierende Standards in Deutschland. Länder wie Dänemark oder die Niederlande setzten in der Tierhaltung bereits höhere Standards um. Sie betonte die Rolle einer bodengebundenen bäuerlichen Landwirtschaft. „Bauern sind die besten Partner der Umwelt“, so Benning.
Das dritte KTBL-Fachgespräch auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin unterstrich abermals die Bedeutung der Forschung. Weniger die Intensität, sondern eine höhere Effizienz in der Produktion sind der Schlüssel zum Schutz des Klimas. Hierbei ist insbesondere die effiziente Nutzung und Rückführung von Nährstoffen von großer Bedeutung. Regionale Stickstoffüberschüsse in der Tierproduktion sind sowohl ein Problem für den Wasser- als auch für den Klimaschutz. Wichtig für den Erhalt von Dauergrünland ist eine nachhaltige Grünlandnutzung durch Wiederkäuer.
Wirtschaftsdünger, wie z.B. Gülle, lassen sich wirkungsvoll zur Erzeugung von Biogas verwenden und hierdurch Emissionen aus der Lagerung vermeiden und gleichzeitig Strom und Wärme erzeugen. Deutlich wurde auch, dass der Landwirt nicht mit der Forderung nach Optimierung vieler Einzelaspekte überfordert werden darf. Er ist, wie es in der Diskussion formuliert wurde, ein „Zehnkämpfer“, der nicht auf allen Gebieten Spitzenleistungen bringen kann, sondern dessen Summe an Leistungen zählt. Zu diesen gehören neben dem Klimaschutz auch Aspekte des Tierschutzes, der Biodiversität, des Gewässerschutzes, der Erhalt der Kulturlandschaft und nicht zuletzt der sozialen Strukturen und Wettbewerbsfähigkeit.
Hier gilt es Zielkonflikte zu identifizieren, Synergien zu nutzen und Lösungsansätze zu erarbeiten. Das KTBL ist davon überzeugt, dass die Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft auch in den kommenden Jahren nicht an Brisanz verlieren werden. Auch über das Fachgespräch hinaus wird das KTBL diese Themen intensiv begleiten.