DLG-Hauptgeschäftsführer Dr. Reinhard Grandke fordert zu neuem Denken auf - Peter Klingmann von der Marketingorganisation MGH Gutes aus Hessen sieht Trend zu mehr Regionalität – Vom Unternehmer zur Marionette? – Jahrestagung der Jungen DLG in Gießen
(DLG). „Geographisch in der Mitte Deutschlands“, wie die Vorsitzende der Jungen DLG, Franziska Benneke feststellte, in der Universitätsstadt Gießen fand die diesjährige Jahrestagung der Jungen DLG statt. Das historische Hauptgebäude der Universität mit seiner stilvollen Aula bot dem Treffen der jungen Agrarwirtschaft einen passenden Rahmen. „Vom Unternehmer zur Marionette“ lautete der Titel der Vortrags- und Diskussionsveranstaltung am Samstag. Die Vortragsreihe eröffnete der Hauptgeschäftsführer der DLG, Dr. Reinhard Grandke. Unter dem Leitmotiv „Der Landwirt zwischen Verbraucheransprüchen und Unternehmertum“ forderte er ein grundlegend anderes Denken für die Zukunft der Landwirtschaft. „Die Landwirte sitzen angesichts der wachsenden Weltbevölkerung auf dem Schatz der Zukunft. Dennoch sei in den vergangenen Jahren die Auseinandersetzung mit der Gesellschaft für die Landwirte in den Hintergrund geraten. Das müsse schleunigst geändert werden. „Die Verbraucherakzeptanz wird zunehmend zu einem unternehmerischen Erfolgsfaktor“, so Grandke. Entscheidender Faktor dabei ist, Grandkes Ansicht nach, die direkte Kommunikation. Kommunikation und PR-Arbeit müssten fester Bestandteil der Betriebsstrategie werden. Da 300.000 landwirtschaftliche Betriebe 80 Mio. Verbrauchern gegenüber stünden, müsse rein rechnerisch jeder Landwirt knapp 300 Verbraucher erreichen. Durch die neuen Medien, wie Facebook, würden sich aber auch für die Landwirte neue Wege auftun, eine Vielzahl von Verbrauchern zu erreichen. Der Mensch im Mittelpunkt sei nun einmal ein wesentlicher Faktor für die Schaffung von Vertrauen. Auch an die Ausbildung und nicht zuletzt an die Wissenschaft appellierte Grandke, die Kommunikation mit den Verbrauchern mehr in den Fokus von Forschung und Ausbildung zu rücken.
„Regional ist das neue Bio“
Von den nicht immer einfach zu fassenden Erwartungen der Verbraucher an die moderne Landwirtschaft und dem Trend hin zu mehr Regionalität sprach in einem weiteren Vortrag Peter Klingmann von der Marketingorganisation MGH Gutes aus Hessen, unter deren Dach Lebensmittel mit dem Qualitätslogo „Geprüfte Qualität – Hessen“ vermarktet werden. Noch in den 1980er Jahren sei es einfach gewesen, den Verbraucher klar definierten Lebensstil-Typen und dem Verlauf klar abgetrennter Lebensphasen zuzuordnen. Dadurch sei es besser möglich gewesen, die Verbraucherwünsche zu erkennen. Heute gäbe es die verschiedensten Ernährungsstil-Typen und eine unüberschaubare Vielzahl von „Food Trends“, von Fast Food über Convenience bis hin zu Bio und Health Food. Eine Einordnung der Verbraucher und seiner Ansprüche an die Lebensmittel und deren Produktionsweise sei daher nur noch schwer möglich. Dennoch seien auch für die Zukunft zwei Trends für die Landwirte wichtig. Zum einen nehme der Wunsch nach einer nachhaltigen Produktion und Verarbeitung zu. „Regional ist das neue Bio“, so Klingmann. Biolebensmittel seien mittlerweile austauschbar geworden, in jedem Discounter zu bekommen. Allerdings gäbe es noch Verbesserungsbedarf bei der Regionalkennzeichnung von Lebensmitteln. Diese sei, so zeigten verschiedene Umfragen, häufig für den Verbraucher nicht klar genug. Zum anderen sieht auch Klingmann noch Verbesserungsbedarf in der Kommunikation der Landwirte und der weiterverarbeitenden Betriebe. Glaubwürdigkeit und eine realistische, offene Darstellung der Produktion seien entscheidend für die Akzeptanz der Verbraucher. Hier müsse vor allem in der Werbung der Schritt von romantischen, unrealistischen Bildern hin zu mehr Transparenz gewagt werden.
Das Programm am Nachmittag bestimmten drei parallele Arbeitskreise, in denen noch einmal gesondert über die Perspektiven im Ackerbau im Hinblick auf die GAP-Reform, die Perspektiven der Tierhaltung und den Trend zur Regionalität diskutiert wurde. Eine Besichtigung des Botanischen Gartens sowie ein Get together im Best Western Hotel rundeten den Tag ab. Den Abschluss der Jahrestagung bildeten drei parallele Betriebsbesichtigungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Vom pflanzenbaulichen Lehr- und Versuchsbetrieb der Universität, über einen Hähnchenmast- bis hin zu einem Milchviehbetrieb stand auch hier eine breite Palette interessanter Themen zur Auswahl.